SO SPRICHT MAN MCDONALD’S

Die Geheimnisse des Corporate Language von McDonald’s. Die ungeschriebenen Sprach Regeln des Hamburger-Imperiums

Illustration Mann isst Hamburger

Das hier ist ein kurzer Überblick über Corporate Language einer erfolgreichen Fast Food-Kette – und die ungeschriebenen Gesetze des Erfolges. Nicht von Ray Kroc, dem Gründer, sondern von McDonald’s Deutschland.

Erfolgreiche Unternehmen haben, wenn sie ihre sprachliche Identität finden wollen, zwei Möglichkeiten:

Geplante Unternehmenssprache:

Sie können die Ordnung ihrer Unternehmenssprache sorgfältig von Sprachexperten erarbeiten und sie in einem flexiblen und immer anpassbaren Regelwerk dokumentieren und festlegen lassen. Das erspart ihnen später Schwankungen in der Sprach-Qualität, Missgriffe im Tonfall, Shitstorms und andere den Erfolg störende Irritationen.

Gewachsene Unternehmenssprache:

Sie können ihre Sprache aber auch innerhalb selbstgewählter Grenzen sich entwickeln und reifen lassen. Dabei kann es zwar passieren, dass sich das Unternehmen sprachlich verrennt – aber so what? Mit der Zeit entsteht auch dadurch ein eigener Stil, der aber nirgendwo definiert oder dokumentiert ist.

Auch McDonald’s ist diesen Weg gegangen – als eine Marke ohne definierte Corporate Language. Also versuchen ich jetzt einmal, ein Handbuch für die Corporate Language von McDonalds zu rekonstruieren. Das kann man machen, wenn man – wie ich – viel (aber nicht alles) über das Unternehmen weiß (wieviel, steht in meiner Vita).

Blogartikel Unternehmenssprache McDonalds

Einige ungeschriebene Corporate Language Regeln von McDonald‘s

Weil man nirgendwo nachlesen kann, wie McDonald’s das mit der Sprache eigentlich macht, kommen jetzt ein paar Hinweise und Stichpunkte. Die könnt Ihr ja vielleicht auch für Eure eigene Marke gut gebrauchen.

Der Geschmack

Erstaunlicherweise wird der Geschmack bei McDonald’s sprachlich kaum thematisiert. Das hat viele Vorteile. Denn so vermeidet man geschmäcklerische Diskussionen genauso wie ideologische.

Produkte

  • Produkte werden zwar beschrieben, aber meist in reduzierter Form – mit ein- bis zweisilbigen Adjektiven wie „kross, mild, zart, gewürzt, köstlich, knusprig, goldgelb, saftig, knackig“ oder „frisch“.

Lecker

  • Das Wort „lecker“ taucht erst seit Neuerem bei McDonald’s auf; für das Unternehmen mit Sitz in München galt „lecker“ lange als eine rein norddeutsche Formulierung, die in Bayern einfach nicht verstanden wird.

Angebote

  • Der substantivische Oberbegriff für Angebote ist „Köstlichkeiten“, nie „Nahrung“ oder „Essen“.
  • Das Verb „essen“ hingegen ist erlaubt (es gab mal einen McDonald’s Jingle mit dem Slogan „Essen mit Spaß“), aber natürlich nicht so wertig wie „genießen“.

Was kann man daraus lernen?

  • Am besten, Ihr probiert gar nicht erst, den Geschmack eines Produktes zu beschreiben. Das klappt auch nicht in Literatur, Musik oder Film – warum sollte es dann ausgerechnet in der Werbung und Kommunikation funktionieren?
Illustration zu Blogartikel Corporate Language von McDonald's

Die Zielgruppe

Bei McDonald’s ist die Zielgruppe so groß und so vielfältig, dass man – wenn man sich auf einzelne Teile davon konzentriert – die anderen Teile der Zielgruppe nicht mehr ansprechen kann.

Das Produkt im Mittelpunkt

  • McDonald’s verzichtet in den erfolgreichen Kampagnen meist auf eine direkte Ansprache der Zielgruppe. Auch Szenen, in denen eine Soll-Zielgruppe ins Produkt beißt, sind selten. Stattdessen steht hier die Idee im Mittelpunkt, und das Produkt darf gern auch mal ein Stück daneben stehen. So entsteht eine Kommunikation, die von der Neuigkeit und Abstraktion der Marke lebt, und die vor allem nicht aufdringlich wirkt. Dafür gibt es Beispiele: Der Hamburger Royal TS, der im Funk wie ein Auto beworben wird. Das verrückte Huhn, das Frau Bratbecker anruft. Der Fisch-Burger, der von einem Seemanns-Chor besungen wird. Die Angebote mit mexikanischem Flair, die „Los Wochos“ heißen.
  • Wenn im TV allerdings – das passiert ab und zu – sehr hipp gestylte Leute betont lässig im Restaurant schmausen, wird damit zwar eine Wunsch-Zielgruppe visualisiert, aber andere potenzielle Gäste aus z.B. der Mittelschicht bleiben unerreicht. Riskant ist auch der Einfluss von „Jugendsprache“ im Unternehmen – Beispiel „Warum schmeckt das so geil?“. Das führt dazu, dass dann zwar Kids-Massen in die Stores strömen, andererseits dadurch aber ein ruhiger, genussreicher Betrieb dann nicht immer möglich ist.

Was kann man daraus lernen?

  • Die gewünschte Zielgruppe mit dem Produkt abzubilden, ist eine einfache Lösung – aber sie erreicht nicht alle.
Illustration zum Blogartikel Corporate Language von McDonald's

Wie spricht wer bei McDonald’s?

  • Die gesprochene Sprache der Mitarbeiter ist eine funktionale Sprache. Ihre Aufgabe: Sie muss das Verstehen und Erledigen von Bestellungen möglich machen. Ihre Axiome festzulegen, schränkt sie unnötig ein; es genügt, eine Grundfreundlichkeit vorauszusetzen.
  • Für Fragen gibt es eine Vielzahl von gut geschriebenen Broschüren, Leaflets und Tabellen im Restaurant und Netz.

Was kann man daraus lernen?

  • Corporate Language hilft dem Unternehmen, muss aber nicht unbedingt bei den Kräften an der Kasse zum Einsatz kommen.

Duzen und Siezen

Es gibt bei McDonald’s kein prinzipielles Duzen oder Siezen. Die Ansprache variiert je nach Konzept der Werbung und Zielgruppe.

  • Generell passt Siezen zu höherwertig positionierten Produkten. Die Gruppen-Anrede „Ihr“ ist so gut wie nie zu finden, und das ist gut so. Denn das Individuelle würde sonst in der Gruppe verschwinden.

Was kann man daraus lernen?

Je jünger, desto „Du“. Je seriöser, desto „Sie“.

Illustration Blogartikel Corporate Language

Erfolgreiche Stil-Elemente der Corporate Language von McDonald’s

  • Was die Kommunikation von McDonald’s vereint, ist die häufige, nicht regelmäßige Überraschung. Der hohe Bekanntheitsgrad der Marke macht diesen Überraschungs-Effekt wichtig, aber auch schwer erzeugbar. Eines der erfolgreich verwendeten Elemente ist der Humor.
  • Humor in der Werbung war Jahre lang das Kennzeichen von McDonald’s. Er kann sperrige Inhalte transportieren und kompliziert, aber auch schlicht und einfach sein. Oder sogar brachial.
  • Beispiel: „Wenn Du Hunger hasst“ wird an den Stores oft plakatiert – es ist zwar unschön, das Wort „Hass“ zu verwenden, aber okay. Nicht jeder Witz muss zünden, es muss auch Eintagsfliegen darunter geben wie die neueste Wortschöpfung „Snackeria“.
  • Das muss so sein, damit eine lebendige Vielfalt entstehen kann.

Was kann man daraus lernen?

Als Marke kann man eine Menge richtig machen. Mit klugen Marketingleitern und entscheidungsfreudigen CEOs ist der Erfolg nur eine Frage der Zeit – vielleicht entwickelt sich dann ja in ein paar Jahren ein eigener Stil der Marke.

Wer’s gern etwas schneller hätte, kann aber auch zu Corporate Language greifen. Oder besser erst zum Telefon und mich anrufen.